“Im Himmel ist die Hölle los” war über längere Zeit sogar mein Lieblingsalbum der EAV, was wohl auch daran gelegen hat, dass mein erstes EAV-Konzert 1998 ein Gig der “Himmel & Hölle”-Tour war und das Album allgemein (und auch in Verknüpfung mit der Live-Show) immer noch eine geile Atmosphäre auf mich ausstrahlt. Trotzdem hat es für mich aus heutiger Sicht auch mehrere Schwächen, die jedoch weniger textlicher oder melodischer Natur sind, sondern welche vielmehr in der Art der Produktion mancher Songs liegen.
Ich versuch mal etwas ins Detail zu gehen:
1. Guten Morgen… -> Geiles Intro vor dem Opener, das auch als Konzert-Intro super rüberkam (“Guten Abend, ihr Schweine!”).
2. Im Himmel ist die Hölle los -> “Orchester”-Sound, echtes Schlagzeug, E-Gitarre, Eunuchen-Chor (Nino!?), diabolisch singender Klaus,… - Für mich bis heute einer der geilsten EAV-Opener aller Zeiten! Die Thematik liegt Tom einfach perfekt! Erinnert an “Liebe, Tod & Teufel”. Alles richtig gemacht! (Auch wenn sie’s heute vermutlich noch ‘ne Spur “rotziger” produzieren würden.)
3. Blöd -> Der erste Song des Albums, der in diesem typischen “Himmel & Hölle”-Sound produziert wurde (ich nenn ihn jetzt einfach mal so), den es vor diesem Album nicht gab und den’s in der Form auch nachher nicht mehr gegeben hat. Es klingt irgendwie mehr nach “Plastik”, als der EAV-Synthie-Sound vorher, aber trotzdem auch nicht wirklich schlecht. Etwas gewöhnungsbedürftig trifft’s vielleicht besser. Es kommt mir so vor, als hätte man bei diesem und bei anderen Songs versucht, die EAV möglichst “modern” klingen zu lassen. Mir persönlich gefällt die Text-Variante “Ich bin so blöd” (Single-B-Seite) fast besser.
4. Gebot (Töten) -> Typischer EAV-Nonsens, der gerne sein darf. Ich mag’s !
5. Schau wie’s schneit -> Hier stimmt für mich wieder alles: Bissiger Text zu schlageresker Musik. Ein kleiner Einblick in die vordergründig schillernde High-Society-Welt und ihre Drogengeschichten. Bis heute einer meiner Geheim-Favoriten der EAV!
6. Die Russen kommen -> Geiler Text und geile Melodie, aber mittelmäßige Produktion. Ich liebe dieses Lied, aber die EAV hat in mehreren Live-Programmen gezeigt, dass die Nummer um einiges genialer klingen kann, als sie es in dieser Studioaufnahme tut. Auch der TV-Auftritt in der Sendung “Willkommen Österreich” von 2013 mit Klaus Eberhartinger, Annette Dasch und Russkaja zeigt, dass man aus dem Lied mehr rausholen kann!
7. Bongo Boy -> Lyncht mich, aber: Ich liebe es !! Von der ersten bis zur letzten Sekunde! Absolutes Highlight: Toms “Solo” ! Die Nummer würd ich mir live mal wieder wünschen.
8. Gebot (Stehlen) -> siehe 4
9. Konkurs -> Ähnlicher Fall wie bei “Die Russen kommen”. Text und Melodie sind rundum gelungen und live ist’s ‘ne super Nummer! Die Studioproduktion klingt dagen wieder ziemlich nach “Plastik”. Keine Ahnung, ob das wieder modern klingen sollte. Jedenfalls auch hier: Nicht wirklich schlecht, aber die Studioaufnahme lässt viel Luft nach oben. Dass der Song viel besser klingen kann, haben die Jungs auf der Bühne gezeigt!
10. A Jodler und a Stromgitarr’ -> Hach ja! Was hätte man da draus machen können! Eigentlich eine geniale Parodie auf den angesagten Alpen-Rock-Sound von Künstlern wie Hubert von Goisern oder den Schürzenjägern. Das Problem ist nur: Die EAV erreicht diesen Sound hier nicht und klingt zu seicht. Wo ist denn bitte die Stromgitarr’ ?! Die säuselt viel zu leise irgendwo im Hintergrund zwischen dem Drum-Computer und Klaus’ Gejodel ! Leider kann ich mich an den Sound der Live-Darbietung nicht mehr erinnern. Die Nummer klang auf den Konzerten aber sicher wesentlich besser! Ich mag das Lied eigentlich, aber auch hier hapert’s wieder an der Produktion.
11. Der Teufel -> Zu Beginn einfach perfekt! Klaus wieder schön diabolisch, ebenso die Musik. Doch dann setzt der Refain ein, der von der Melodie zwar wieder passend ist, aber mit einem absolut billigen Drum-Computer aus der Konserve verhunzt wurde. Einen echten Lichtblick liefert dann noch mal das fulminante Saxophonsolo. Danach ist auch schon bald Schluss. Zweite Strophe? Wiederholung des Refrains? Fehlanzeige! Nach 2 Minuten und 17 Sekunden ist dieses Lied, das so vielversprechend begonnen hat, auch schon wieder vorbei und lässt einen mit dem Gefühl “Wie, das war’s jetzt schon?!” zurück. Dafür, dass es (ungeachtet der Sketche) zusammen mit dem Opener nur einer von nur zwei Songs auf dem Album ist, welche so richtig in das Konzept “Im Himmel ist die Hölle los” passen, echt schwach. Ich wiederhole mich: Was hätte man da draus machen können !
12. Tanzen -> EAV meets Techo-Pop. Genialer Text zu rundum passender Musik und Produktion! Eine der unterschätztesten EAV-Nummern überhaupt! Und für mich der einzige auf modern getrimmte Song der Albums, bei dem dies auch wirklich zu 100 % passt! Heute würde man ihn vermutlich noch eine Spur radikaler produzieren. Für 1997 aber absolut perfekt!
13. Gebot (Begehren) -> Eigentlich wie 4 und 8, aber der Reim “Weib” auf “Weib” geht mal gar nicht ! Da bin ich vom Herrn Spitzer einfach anderes gewohnt !
14. Möpse -> Lyncht, knebelt und foltert mich auch hier wieder, aber: I love it :XD:!! Ich bin ganz bei tschaegga: “Sittenstrolch und Tittenmolch” find ich ebenso lustig, wie den “Hudldipack”-Part ! Außerdem ist Möpse wieder eine der besseren Produktionen auf dem Album. Keine Ahnung, ob die Drums tatsächlich “live” eingespielt sind oder ob hier echte Schlagzeugaufnahmen der einzelnen Drums per Computer zusammengefügt wurden, wie bei Fata Morgana 2005. Wie auch immer, es klingt alles schön rund, ja, im Vergleich zu vielen anderen Nummern des Albums fast schon erdig und kommt um einiges näher an das ran, was man auf einem EAV-Konzert zu hören bekommt. Geile Nummer!
15. David & Goliath -> Wieder eine dieser herrlichen EAV-Blödeleien! Wurde nicht umsonst Jahre später für die “Amore XL”-Tournee noch mal ausgepackt und erstmals auf der Bühne dargeboten.
16. Wo ist die Kohle -> Schon wieder dieser typische “Himmel & Hölle”-Sound, irgendwo zwischen “auf modern getrimmt” und “Plastik” ! Dabei hat auch dieser Song viele gute Ansätze, ich liebe z. B. die Strophen, welche im Dialog zwischen Klaus und Tom gehalten sind. Das ist mal was anderes. Bei der Neandertal-Show hat die EAV dann gezeigt, was dieses Lied eigentlich ist: Kein EAV-Pop-Song, sondern eine starke Kabarett-Nummer, die auf der Bühne super funktioniert! Warum nicht gleich so?!
17. Ja ja der Alkohol -> Eine absolute Perle auf diesem Album! Akustikgitarre, Akkordeon, Klavier und eine schlichte Hi-Hat. Mehr braucht’s manchmal gar nicht für eine richtig schöne EAV-Nummer. Ein Song dieser Art gehört ja seit “Morgen” auf fast jedem EAV-Album gegen Ende als Rausschmeißer dazu und ist zum Glück auch hier zu finden. Außerdem muss der Alkohol bei der EAV natürlich immer wieder mal in irgendeiner Form behandelt werden! Ein Lied, das ich mir mal wieder für eine Tournee wünsche.
18. Das Leben das ist kurz -> Sarkastischer Text, Ohrwurm-Melodie und eine rundum gelungene, erdige Produktion. Geht doch!
19. Elftes Gebot -> Nach den zwei “Rauswerfern” nun das endgültige Finale der Albums. Für mich eines der besten Enden, das die EAV je auf einem Album hatte: Dem werten CD-Käufer wird mitgeteilt, einen Fehlkauf getätigt zu haben. Diese Idee find ich bis heute noch sehr lustig !
Fazit: “Im Himmel ist die Hölle los” ist wahrlich kein schlechtes Album und bietet sogar einige echte Höhepunkte. Das größte Manko der Scheibe liegt nicht in den Liedern selbst, sondern im Stil der Produktion einiger Songs. Das Album hat um einiges mehr zu bieten als sein 90er-Jahre-Kollege “Watumba”, kann jedoch aufgrund der genannten Schwächen seinem direkten Vorgänger “Nie wieder Kunst” (bei dem die Synthesizer einfach viel passender verwendet wurden) nicht das Wasser reichen und hält auch mit den späteren Platten ab “Frauenluder” nicht mit. Cover & Artwork finde ich sehr stimmig und gelungen. Die Live-Show zum Album war ebenfalls genial. Es ist schwierig, einem Musikalbum eine Schulnote zu geben, weil’s auch immer von der aktuellen Stimmung abhängt, was ich gerne höre. Aber wenn sich z. B. “Spitalo Fatalo” oder “Neue Helden braucht das Land” bei einer 1 bewegen, dann würde ich “Im Himmel ist die Hölle los” momentan bei einer guten 3+ einordnen. - Mit positivem Vermerk im Zeugnis hinsichtlich der Bemühungen !
PS@Flachzange: Das mit diesem deutlichen Töfferl-Chor bild ich mir auch ein ! Muss mir das aber echt noch mal in Ruhe anhören und werd dann noch mal was dazu schreiben.