Ich bin genau an den Tag weggefahren, als dieser schreckliche Vorfall passierte und bin - wie wahrscheinlich jeder, der Kinder hat - ziemlich geschockt.
Natürlich fragt man sich, wie sowas passieren kann und ob die eigenen Kinder auch mal in eine Situation kommen könne, in der sie so wie dieser Tim agieren. D.h. man fragt sich, was man alles falsch gemacht hat
Mein Kinder haben beide einen Computer und beide spielen nicht gerade Benjamin Blümchen O.k., meine Tochter spielt die typischen Mächenspiele, aber mein Sohn hat schon einige nicht gerade “alters-adequate” Spiele. Was mir halt wichtig ist: keine Spiele ab 18 (dazu ist er dann doch einfach noch zu jung, da gab es auch schon etliche Diskussionen wegen GTA4) und (eigentlich) keine außschließlich kriegsverherrlichende und gewaltverherrlichende Spiele. Ich gebe aber zu, dass ich - im Gegensatz zu vielen Eltern - nicht ultrakonsequent bei meinen Regeln bin (wenn es überhaupt solche gibt ). Und ich halte auch nichts von solchen “Zeitbeschränkungs-Regeln” die viele Eltern aufstellen. D.h. wenn meine Kinder nichts Besseres (wie z.B. lernen ) zu tun haben und Lust dazu haben, können sie den ganzen Tag in irgendeinen Monitor glotzen - irgendwann wird es ihnen von selbst zu blöd. Mein Sohn durfte auch diese ziemlich brutal aussehenden Softairs haben - mit der Auflage, nie auf Lebewesen darauf zu halten - was er auch gemacht hat. Inzwischen liegen diese Dinger rum und interessieren nicht mehr.
Und bei meiner Tochter ist das eh keine Frage, die würde am liebsten die ganze Welt retten.
Was ich halt versuche, dass ich ein möglichst gutes Verhältnis zu ihnen habe - und das trotz Pubertät. Ich kann es natürlich nicht genau sagen, aber ich glaube nicht, dass meine Kinder jemals so etwas Schreckliches tun könnten (o.k., das haben die Eltern vn Tim wahrscheinlich auch gesagt). Aber wenn mein Sohn zugegen ist, darf nicht das noch so kleine Insekt (wie z.B. eine Fliege oder eine Zecke) getötet werden. Er ist zwar nicht der große Guru in der Klasse, aber durchnittlich beliebt mit durchschnittlich vielen Freunden und wenn er jemanden mit Schwierigkeiten sieht (z.B. ein Neuer in der Klasse) versucht er soweit wie möglich zu helfen. Ich bin bei beiden sehr froh darüber, eine ziemlich ausgeprägte soziale Komponente zu entdecken. Hoffe ich zumindest…
Auf der anderen Seite sehe ich wie meine Schwester als Sozialpädagogim ihren Sohn erzieht. Sie hat mit Technik absolut nichts am Hut und nach vielen Kämpfen hat ihr Sohn durchgesetzt, dass er jetzt mit 12 Jahren einen Computer bekommt. Allerdings ziemlich ohne Spiele, weil das Installlieren ja wieder schwierig ist. Er darf maximal eine halbe Stunde am Tag Computer spielen und Fernsehen, ansonsten hat er sich mit der “Natur” zu beschäftigen. Mit dem Effekt, dass er dann zu seinen einen Kumpel geht, den er hat, und dort Spiele ab 18 spielt, wie er letztens meinen Kindern erzählt hat. Dadurch, dass er beim Fernsehprogramm und bei Elektronik-Spielen nicht mir reden kann, ist er ein ziemlicher Außenseiter. Und als er letztens da war und mit meinem Sohn am PC gespielt hat, war der ziemlich erstaunt, wie aggressiv sein Cousin war, dass es ihn beim Spielen hauptsächlich darum ging, andere nieder zu metzeln mit Sprüchen wie “Stirb, du Schwein” und ähnlichen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass das Kind, nachdem es sonst nichts zum Punkten hat, versucht durch besonders hartes Auftreten cool zu erscheinen. Eine Tatsache, die meiner Schwester irgendwie total entgeht.
D.h. was ich sehe, dass viele Eltern viel zu viel nach dem Regel-Buch als mit Fingerspitzen-Gefühl erziehen. Und nachdem sie ja nach den Regeln alles richtig machen, kommen sie auch nicht auf die Idee, dass bei ihr Kind irgendwelche Probleme haben/machen könnte.
Auf der anderen Seite sehe ich das Problem bei einer Gesellschaft, in der es immer mehr wichtig ist, Ellbogen zu zeigen. Und entsprechend werden auch die Kinder erzogen. Ich sehe immer wieder fassungslos, wie Kinder andere physisch uns psychisch unter Druck setzen und die Eltern mit stolz geschwellter Brust daneben stehen. Letztens habe ich ein Gespräch zwischen zwei Müttern mit bekommen, bei der die eine voller Stolz erzählte, dass ihre Tochter “ganz genau wüßte was sie will und das auch durchsetzen würde”. Und sie hat sich beklagt, dass jetzt ein etwas schüchterneres Mädchen nicht mehr mit der Tochter spielen will und es unverständlich fand, dass die Eltern das auch noch unterstützen, weil das “schwache kleine Mädchen so nie lernt, sich durchzusetzen”.
Diese Haltung finde ich wiederum unverständlich Ich finde immer noch, dass Verständnis, Einfühlungsvermögen und Rücksichsnahme Werte sind, die man seinen Kindern vermitteln sollte. Mit dieser Haltung schade ich zwar meinen Kindern, weil sie damit spätestens im Berufsleben Probleme haben werden, dafür kann ich aber ruhig und mit guten Gewissen schlafen. Aus persönlicher leidvoller Erfahrung hasse ich Menschen in jeder Altergruppe, die meinen, dass sie etwas Besonderes sind, wenn sie auf aneren rum trampelt, unterdrücken und lächerlich machen - kurz, andere mobben.
Und ich verstehe nicht, wie Eltern und Erzieher bei sowas die Augen zumachen und nicht einschreiten.
Kurz gesagt, für mich gibt es zwei Ursachen für solche Katastrophen:
Einmal die Eltern, die ihre Kinder durch all zu strenge und konsequente Erziehung in eine Außernseiter-Rolle drängen, nicht sehen, dass gerade das Verbotene interessant ist und sich überhaupt nicht dafür interessieren, was in ihren Kindern vorgeht.
Auf der anderen die Eltern und Erzieher, die hilflos daneben stehen uns zusehen, wenn diese Außenseiter von den vermeintlichen Starken und Anführern gemobbt werden.
Aber das ist nur meine private Meinung und ich habe keine Ahnung, ob das auch stimmt und ob ich es nicht zu einfach sehen…