Nicht auf Facebook, nicht auf Twitter und nicht im Sexportal: München, Deutsches Theater, 13.02.2012

Achtung, höchster Spoiler-Alarm, dafür 100 % gesichtsbuchfrei :wink:!!!
oder: ein kleiner Konzertbericht

Am 13. Februar war es endlich soweit: Mein erstes Konzert der neuen “Best-Of-Show” 2012 stand an! Große Vorfreude, denn meine letzten zwei ziemlich rar gesähten Verunsicherungs-Konzerte fanden auf einem Brauereifest und auf dem Sparkassen…ähh…Tollwood Festival statt, wo ich mehr Videoleinwand als sonst was sah. Nun also das krasse Gegenteil: Deutsches Theater und eine nagelneue Show! Entsprechend hoch war meine Erwartungshaltung. Um ca. 16 Uhr fuhr ich mit einem guten Freund von Augsburg aus los, um etwa eine dreiviertel Stunde später am Theaterzelt des Deutschen Theaters München anzukommen. Kaum dort, trafen wir auch schon auf Schaf und Wolfi. Einige andere Personen gesellten sich schnell hinzu, sodass wir ein lustiges Grüppchen waren, mit welchem zum Aufwärmen (kalt war’s brrr!) erstmal in einer Art Parkhaus-Café/Imbiss/Warteraum (oder was auch immer das für eine Lokalität war?!) Platz nahmen, um dort ein Tässchen Glühwein zu schlürfen. Inklusive dieser ganz besonderen Atmosphäre, die aufkommt, wenn ein paar EAV-Wahnsinnige unter ihresgleichen verweilen :mrgreen:! Da fiel mir gleich Schafs neue EAV-Jacke ins Visier. Und tatsächlich: Es gibt neues Mörtschendeis, passend zur Best-Of-Show mit Johnny Schmarfusi. Stoffjacke und T-Shirt um genau zu sein. Und sogar mal wirklich tragbare Sachen, da nicht überladen und ohne Titten drauf :wink:. Jacke für 35 Euro (war mir dann doch etwas zu viel), T-Shirt für 15 (ist mein :stuck_out_tongue:). Zudem waren am Stand auch die Soloalben von Leo und Reinhard sowie der “Neue Helden”-Kram zu erstehen.

Aber nun wieder zum Wesentlichen: zum Konzert! Also machen wir mal einen kleinen Zeitsprung und vergessen ganz rasch, dass ich für zwei 0,33er-Weizen (in München!!) und zwei kleine Brezen 10 Euro hingeblättert habe…
In der eigentlichen Halle angekommen stellte ich erstmal fest, dass das nahezu ein reines Stehplatzkonzert war. Da hatte ich im Vorfeld wohl irgendwas falsch verstanden, denn ich rechnete mit wenigen Steh- und vielen Sitzplätzen. Sehr gut! Ein Blick auf die neue Bühnendeko: alles fein! Nicht übermäßig spektakulär, aber EAVig, comichaft und optisch ansprechend. Um 20 Uhr erlosch dann auch schon das Saallicht und die Jungs betraten die zunächst dunkelblau beleuchtete Bühne. “Neandertal”! Eines meiner absoluten Lieblingslieder der EAV! Endlich durfte ich dieses Lied zum ersten Mal in voller Länge live hören! Vom alten Text blieb nicht mehr viel übrig. Wo früher der Jeti den Rübezahl haute, sind wir jetzt im Neandertal “mit Baseballschläger und Rübe kahl” in Zeiten von “Facebook, Twitter und Sexportal”. Leider habe ich vom Text gefühlte 2/3 nicht verstanden, da bei den ersten Songs Gesang und Moderation (zumindest vor die vorderste Front) viel zu leise abgemischt waren, was vom Publikum auch lautstark bemängelt wurde. Nach einigen Songs hat’s die Technik dann aber scheinbar doch noch hinbekommen, das Problem zu lösen. Nach dem (trotzdem) spitzenmäßigen Opener ging’s ohne Moderationspause sofort mit “Ba-Ba-Banküberfall” weiter. Für die Stimmung ein guter Schachzug von Tom. Die allseits bekannte Bankräuberei wurde in der letzten Strophe musikalisch modifiziert und klingt dort nun ein bisschen wie die Reggaeton-Version von Jerry (zu hören auf “100 Jahre EAV - 2nd Edition”).

Die Show und die Moderationen sind nach wie vor auf das Thema Krise gerichtet, allerdings blieb von den Moderationen der “Neue Helden”-Show nicht mehr viel übrig. Apropos: Ein dicker Pluspunkt des neuen Programms ist für mich eindeutig, dass die Moderationen kürzer ausfallen und mehr “auf den Punkt” gebracht sind, als bei den Tourneen zuvor. Ich stand natürlich nicht mit der Stoppuhr da, aber die Songdichte fühlt sich zumindest höher an. Das sah auch Wolfi so, wenn ich mich recht entsinne. Weiter im Programm: Die Überleitung von Krise und Banküberfall auf Armut und Gosse lag auf der Hand und so darf auch in dieser Show das legendäre Gossendrama um den “Sandlerkönig Eberhard” und seine Gully-Juli natürlich nicht fehlen. Allerdings bin ich der Meinung, dass der Song an dritter Stelle etwas zu früh im Programm platziert wurde. Ich mag das Lied natürlich, aber es ist so früh - nach Neandertal und Banküberfall - irgendwie ein leichter Stimmungsbrecher, auch wenn das Publikum recht textsicher war.

Den Übergang vom Edelpenner zu gelifteten Altschauspielern habe ich nicht mehr genau im Kopf. Ich erwartete Schnippel-Schnipp. Leider Fehlanzeige. Dafür kam der “Märchenprinz” in der Version der “Neue Helden”-Tour. Klausens Tanzeinlage wurde wie immer mit begeistertem Applaus honoriert. Schon ein Wahnsinn, wie dieses blondierte Männlein mit seinen 61 Jahren noch wie ein Flummi über die Bühne hüpft und fetzt! Das galt übrigens auch für den Rest der Band. Besonders Leo und Franz wirkten noch aktiver, als in der Vergangenheit. Generell scheint die Band gerade in einer hervorragenden Verfassung zu sein. Die Brücke vom alternden Weiberhelden zu den gerammelt vollen Bumsbombern Richtung Thailand war dann auch schnell geschlagen und so fand “Samurai” auch seinen Weg in die neue Show. Leider nach wie vor mit der verstümmelten 2./3.-Stophen-Kombi :question:. Das tat der Stimmung im Saal aber keinen Abbruch.

Und dann war es endlich soweit: die erste sketchartige Kabarett-Einlage der neuen Show, das sogenannte “Krisen-Medley”! Musikalisch irgendwo zwischen unplugged und plugged angesiedelt, erinnerte es irgendwie etwas an die Kochshow aus dem vergangenen Programm. Begonnen wurde mit einer umgetexteten Version von “Ding Dong”, welche zu meiner Überraschung von Klaus und Kurt im Duett vorgetragen wurde. Und wer stand da vor der Tür? Es war kein Geringerer als “der Tod” (mit Scream-Maske :stuck_out_tongue:). Nicht mal er blieb von der Krise verschont. Mittlerweile geht es dem Gevater so schlecht, dass er “selbst am liebsten sterben möcht”. Weiter im Medley ging’s mit einer ebenfalls umgetexteten Version von “Wo ist die Kohle?”, in der Kurt den Part von Tom übernimmt. Klaus mimt den armen Schlucker und Kurt jeweils den Herr Ober und den Bankmann. Doch Geld gibt’s keins. “Nicht in diesem Leben und nicht in diesem Zelt!”, wie Kurt die Textzeile scheinbar spontan an die lokalen Gegebenheiten anpasste. Nicht besser geht es den Griechen und so wird aus dem Wein von Mykonos kurzerhand “der Stein von Griechenland”. Warum es soweit kam, weiß auch Frau Merkel (geile Maske!) nicht so recht zu beantworten. Und so endet das Medley, wie es enden muss: mit dem “Konkurs”! Nicht ganz, denn eigentlich knüpft “Geld oder Leben” nahtlos an das Medley an. Der Anfang wird jetzt ohne musikalische Begleitung gesprochen, was wohl auch Sinn macht, da der Song so quasi noch Teil der Kabarett-Einlage ist. Zumindest so ein bisschen :wink:.

Besonders in Krisenzeiten schreien die Leute nach Supersonderangeboten. “Rabatt, Rabatt” fand also auch seinen Weg in die Show. Der erste Song des immer noch aktuellen Albums, welches in die neue “Best-Of-Show” insgesamt nur recht spärlich eingeflossen ist. Genau genommen ist “Rabatt, Rabatt” der einzige Song aus “Neue Helden braucht das Land”, welcher es (fast) vollständig ins neue Live-Programm geschafft hat. Auch hier gibt es eine kleine Neuerung: Die Roadies laufen jetzt nicht nur mit Einkaufstüten- und wägen über die Bühne, sondern verwandeln sich gegen Ende des Songs in regelrechte Rabattzombies :smiley:! Neu war auch, dass das Publikum in “Heiße Nächte in Palermo” mit einbezogen wurde. So durfte man wahlweise mit dem Zeigefinger im Mund oder mit Zunge und Lippen das Mandolinen-Intro selbst spielen. (Siehe Aufgspuit!-Konzert mit Klaus: http://www.youtube.com/watch?v=aLpoesYLDss) Klaus: “Wenn euch der eigene Finger nicht schmeckt, könnt ihr auch den vom Nachbarn nehmen! Ach so…, war Strullern und hod d’ Händ ned g’wasch’n!” :mrgreen: Auch nach den heißen Nächten blieb man in Italien. Genau genommen im Vatikan. Und so wurde nach ca. 5 Jahren endlich “s’Muaterl” wieder gespielt :smiley:! So sehr ich “Mein Gott” und “Nostradamus” auch liebe, aber das alte Mütterlein mit Silbergrauenhaaren vermag einfach eine Stimmung zu erzeugen, dass es einem schier die Haare aufstellt! Ich wiederhole mich gerne: eines der besten EAV-Lieder aller Zeiten! Und weil’s ein gutes Publikum war, wurde zum Ende der dritten Strophe natürlich applaudiert :wink:. (Ich hab zwar schon “bessere” s’Muaterl-Appläuse gehört, dennoch war’s schön zu sehen, dass zumindest ein nicht ungeringer Teil des Publikums grade bei diesem Song wirklich zugehört hat.) Ein Übergang von dieser grandiosen Ballade zum Rockbrett? Dank Franzens Saxophonkünsten kein Thema. Es folgte “Einmal möchte ich ein Böser sein”.

Wo das Böse ist, braucht man sie natürlich: die Polizei! Und schon stolperten zwei Aushilfsbullen auf die Bühne. Mit im Gepäck zwei Schilder: “Hände an die Wand!” und “Füße in die Höh!”. Ersteres war der Part, den der weibliche Teil des Publikum zu singen hatte, letzteres der männliche. Und so kam es, dass “Insp. Tatü” - wohl gemerkt einer der ersten richtigen Single-Flops der EAV nach ihrer langen Hitperiode - trotz seiner Unbekanntheit beim Publikum einschlug, als wär’s einer der größten EAV-Hits überhaupt! Für mich ein glasklarer Beweis dafür, dass man sehr wohl immer mal wieder vergessene EAV-Perlen in eine EAV-Show einfließen lassen kann. Denn wenn man das richtig rüberbringt, kann schnell ein Live-Hit draus werden. Mit “Insp. Tatü” ist der EAV das zweifelsfrei gelungen. Musikalisch orientiert sich die Live-Darbietung an der Albumversion von “Watumba”, allerdings knackiger gespielt und von Leo an ein paar Stellen mit einer leicht modifizierten Pink-Panther-Melodie versehen. Gespielt werden die Strophen 1 bis 3. Strophe 4 fiel - wenn ich mich recht entsinne - der Kürzung zum Opfer. Nach dem Inspektor und seinen Gehilfen folgte logischerweise das, was einen nach der Verhaftung erwartet: der “Kerkermeister”! Gespielt wurde der Song im Prinzip wie auf der “100 Jahre EAV”-Tour, aber natürlich ohne den Neandertal-Zwischenpart, da Neandertal ja nun separat gespielt wird.

Danach folgte das bereits bekannte Medley aus “Die Russen kommen” und “Burli”, im Burli-Refrain wie schon im vergangenen Jahr mit 'am scheenen Gruaß aus Fukushima. Leider hat es die neue Version, die Tom anlässlich der Fukushima-Tragödie offenbar für die neue Live-Show geschrieben hat, nicht ins Programm geschafft. Dafür war das Publikum wenigstens textsicher :wink:! Auch die unzensierte “Küss die Hand, schöne Frau”-Version inkl. Marlboro-Strophe wurde von den Konzertbesuchern gefeiert. (Insbesondere von den Konzertgästen aus Erding und Augsburg, gell Wolfi :wink:?!)

Danach wurde von Klaus das nahende Ende des Konzerts angeküdigt. Bevor es aber soweit sein sollte, betraten noch die eiligen drei Könige aus dem Sorgenland die Bühne. Kurt, Reinhard und Leo kamen in entsprechender Kluft auf die Showtreppe und stellten sich der Reihe nach vor. Eine Kabaratteinlage ganz im Stile der Verunsicherung! Passenderweise hatte das Ganze irgendwie etwas von einer Schulaufführung. Dem setzte Reinhard mit einem kurzen Texthänger noch eins obendrauf :wink:. Leider hab ich vom Text nicht viel behalten, war aber sehr lustig. Danach folgte “Fata Morgana” in den üblichen Rockversion. Und dann wurde mit einem Neandertal-Finale der Hauptpart der Show auch schon beendet.

Sehr schnell machten sich laute Zugabenrufe im Saal breit und so folgte wie immer ein Hit-Medley, welches erneut umgebaut wurde und mit “Afrika” sogar eine kleine Überraschung enthielt. (Gesamter Ablauf des Medleys: Bitte Bier, Afrika, An der Copacabana, Neue Helden, Ding Dong, 3 weiße Tauben, Küss die Hand-Finale). Danach wie üblich “Morgen” samt Vorstellung der Crew.

Fazit: Die neue Show weiß wirklich zu begeistern und ich freue mich nun tierisch auf meinen nächten Gig am Sonntag in Stuttgart :smiley:! Tom fehlt zwar, aber ich muss fairerweise auch sagen, dass man merkt, dass diese Show für eine Besetzung ohne Tom konzipiert wurde. Dadurch fehlt er mir zwar natürlich immer noch, aber nicht mehr ganz so drastisch, wie auf meinen zwei EAV-Konzerten vorher. Die Band wirkte auf mich so frisch und lebendig, dass ich ihnen in dieser Verfassung locker noch fünf Jahre zutraue! Es schlagen natürlich weiterhin zwei Herzen in meiner Brust, wenn Tom nicht mitspielt. Andererseits hat man nun sechs Musiker auf der Bühne, die allesamt hochmotiviert wirken und richtig Spaß an der Sache haben. Dieses “Feuer” habe ich bei Tom zuletzt etwas vermisst. Die Grundstimmung auf dem Konzert war irgendwie anders, als auf meinen bisherigen EAV-Konzerten. Ich kann das nicht mal in positiv oder negativ einteilen. Es war einfach “anders”. Lag’s am Fehlen von Tom? Oder womöglich an Kurts totschickem neuen Outfit :mrgreen:?? Im Ernst: Wirklich beschreiben kann ich das nicht. Ich hätte vor zwei Jahren auch nie damit gerechnet, dass die EAV mal 'ne Tour ohne Tom durchzieht. War trotzdem ein klasse Abend! Ich lass das jetzt einfach mal so stehen.

PS: Konzertfotos & Bestellmöglichkeit gibt’s hier: http://www.pictrs.com/fotoagentur-schoenberger/7185384/konzerte/erste-allgemeine-verunsicherung-kommt-mit-best-of-show-ins-deutsche-theaterzelt?l=de&page=1

Sehr schöner Bericht!

Zu dem Link eine Frage: Hat da jemand schonmal was bestellt? Die bieten auch Postergrößen an, aber taugen die was?
Da wären paar nette Poster draus zu machen :mrgreen:

Und das hier ist auch ein schönes (neues) Bandfoto:
http://www.facebook.com/media/set/?set=a.324614854251665.75987.307746819271802&type=3

Wieso hat’s Bilder, wie das erste und das zweite, nicht mit Tom gegeben?? :frowning:

Dieses neue Bandfoto find ich auch mal richtig cool :slight_smile:!

Was für ein schöner Bericht, Karli. Vielen Dank!
Hab trotzdem einen bitteren Nachgeschmack - aber einfach nur, weil ich nicht zu dem Konzert gegangen bin :frowning: Ich muss mich echt mal wieder aufraffen.

Danke an dich, Karli, für den schönen Bericht.
Kann mich dem nur anschließen. Das Konzert war genial! :smiley:
Hab den Abend in vollen Zügen genossen! :sunglasses:

Schöner atmosphärischer Bericht.

Echt geiler Bericht! Vielen Dank dafür!