Ich war auch auf dem Konzert und hatte gemischte Gefühle. Das Ballhaus-Forum hat die Atmosphäre einer Industriehalle, der Sound endete in dem architektonischen Irrwitz wie eine Leiche im Keller. Es ist eine klassische Mehrzweckhalle, die alle Zwecke erfüllt, nur keinen richtig. Bei den Zuschauern konnte in dem kühlen Saal eigentlich keine rechte Stimmung aufkommen, umso erstaunlicher war die Stimmung trotzdem ganz ok. Der Auftritt der EAV war routiniert, aber ein Funke ist bei mir nicht übergesprungen.
Schade fand ich die fehlende Liebe zum Detail an ein paar Stellen: Der Sandlerkönig deckt sich wieder textlich mit der “Zeitung” zu. Alvis nahm bei “Lampedusa” den Rettungsring lieblos in die Hand anstatt ihn umzuschnallen und deutete lediglich für Eingeweihte erkennbar an, dass er paddelt. Bei “Samurai” steckte Klaus nicht im Kimono, usw. Eine standesgemäß verrückte Performance haben nur die beiden Roadies geliefert. Der einzige Bezug zu aktuellem oder lokalem in Klaus Moderationen war zu Beginn, als er was von Menschen auf der Flucht erzählt - die “Engländer nach dem Brexit noch nicht mitgezählt”. Auch kurze Geplänkel mit dem Publikum (die Klaus als geborener Entertainer sonst so auszeichnen) gab es nur einmal kurz. Die Moderationen waren insgesamt nicht nur gestrafft, sondern dürften auch kürzer als gedacht gewesen sein, was immerhin dem Fluß gut tat. Vermutlich hat die etwas gehetzte Darbietung mit der zeitlichen Deadline zu tun - die EAV musste bis 20:30 Uhr fertig sein wegen der Übertragung des EM-Finales. Eigentlich ein Unding, dass der Veranstalter die EAV sozusagen zur “Vorband” für das EM-Finale gemacht hat. Mich hat sehr gewundert, dass dies Klaus während der Show nicht erwähnte, ich hätte erwartet, dass er das als gelungene Vorlage nutzt. Erst zum Schluss nach der ersten Zugabe meinte er etwas bürokratisch, dass sie jetzt aufhören müssten, weil die Leinwand aufgestellt werden muss. (Übrigens herrschte gähnende Leere beim Public Viewing später.) “Morgen” fehlte deswegen.
Es fehlten bei der Show einfach die Neuigkeiten für einen EAV-Konzert-Vielbesucher: Die Setlist (die übrigens mit “Fata Morgana” kein vernünftiges Ende hat sondern einfach mit einem x-beliebigen Song endet) war mehr oder weniger an der vorherigen angelehnt (mit Ausnahme von “Neandertal”, das gut rüberkam) und die Moderationen waren ausnahmslos alle bereits von der Best-of-Show des letzten Jahres oder von der Werwolf-Tour bekannt. Die Präsidentenwahl in Österreich, der Brexit, die Fußball-EM, usw wären super Vorlagen gewesen und wurden höchstens als Stichwort erwähnt. Er erwähnte sogar noch Pegida, obwohl eher die AfD eine Erwähnung wert gewesen wäre. Es war insgesamt durchaus eine ordentliche Performance der EAV. Aber es fehlten Highlights und der Veranstaltungsort trübte leider das Gesamtbild. Als jemand, der nicht so häufig EAV-Konzerte besucht wie ich, dürfte man aber seinen Spaß gehabt haben.
Übrigens waren die coolen “Live-Tortour” T-Shirts für Männer ausverkauft, sie verkauften sich wahnsinnig gut in Mariazell am Vortag, wie mir der Mann am Mechstand sagte. Die “100 Jahre EAV”-DVDs für sage und schreibe 20 Euro waren hingegen noch vorrätig.
@Da_Hofa: Die Security wird vom Veranstalter gebucht, da hat die EAV keinen Einfluss. Die Entscheidung, ob es ein Sitzplatzkonzert wird oder ein Stehkonzert, liegt letztendlich beim Veranstalter. Die EAV könnte zwar vermutlich darauf bestehen, nur Stehkonzerte zu machen, würde damit aber vermutlich so einige Veranstalter und ebenso einen nicht kleinen Teil des Publikums ausschließen, nämlich die, die das Konzert gerne im sitzen sich anhören (ja, da gibt es viele), oder die, denen es zu anstrengend ist, zu stehen. Hier kenne ich mich aber nicht so aus, lasse mich gerne belehren.
Wenn man an einem Sitzplatz steht, sehen (je nach Location - im Ballhaus-Forum war das der Fall) in der Regel die Zuschauer dahinter nichts mehr und das trübt das Vergnügen der anderen. Ich teile Deine Meinung, dass Stehkonzerte in der Regel mehr Stimmung haben (aber nicht zwingend müssen, ich erinnere mich an einige traurige Open Air Gigs) und würde es auch begrüßen, wenn die EAV nur solche Konzerte in solchen Locations spielen würde, die nur Stehkonzerte zulassen und eher eine Clubatmosphäre haben, aber davon gibt es halt nicht so viele und es ist auch sicherlich eine wirtschaftliche Entscheidung, wie rar man sich machen will/muss und wie viele Konzerte man letztendlich spielt.